Der schlimmste Amoklauf in der Geschichte Österreichs
Am 18. Juni erschütterte ein tragischer Amoklauf in Graz ganz Österreich. Eine 21-jährige Person, ehemals Schüler*in eines Grazer Oberstufenrealgymnasiums, eröffnete das Feuer auf dem Schulgelände – mit verheerenden Folgen: Zehn Menschen wurden getötet, darunter neun Lernende sowie eine Lehrkraft. Weitere elf Personen erlitten schwere Verletzungen. Die angreifende Person tötete sich anschließend selbst. Es handelt sich um den bisher schlimmsten Angriff dieser Art an einer Bildungseinrichtung in Österreich.
Täterprofil: Zurückgezogen, isoliert, bewaffnet
Laut Polizei lebte die tatverdächtige Person sehr zurückgezogen, galt als introvertiert und hatte sich stark in virtuelle Welten zurückgezogen – insbesondere in Ego-Shooter-Spiele. Der Angriff war minutiös geplant. Innerhalb von nur sieben Minuten wurde mit einer halbautomatischen Pistole, einer abgesägten Doppelflinte sowie einem Messer ein Massaker angerichtet. Während der Tat trug die Person ein Headset – ob eine Kommunikation mit Dritten stattfand, wird derzeit noch untersucht.
Bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung wurde eine nicht funktionsfähige Rohrbombe entdeckt. Laut Dokumenten hatte der Person die Zeit gefehlt, sie fertigzustellen. Ein Abschiedsbrief deutet möglicherweise auf das Gefühl früherer Ausgrenzung hin, bestätigt ist dies jedoch nicht.
Tatort Schule: Wo alles begann und endete
Die Tat ereignete sich an jener Schule, die die angreifende Person zuvor ohne Abschluss verlassen hatte. Laut Polizei bestand zu den Opfern keine direkte Verbindung, einzig zur getöteten Lehrkraft war ein früherer Kontakt bekannt. Besonders erschütternd: Ein Teil des Angriffs ereignete sich vermutlich in dem ehemaligen Klassenzimmer der Person. Türen wurden gewaltsam aufgebrochen, Menschen wahllos angegriffen. Die Tat endete fast zeitgleich mit dem Eintreffen der Polizei.
Staatstrauer in Österreich: Gedenken und Zusammenhalt
Die Reaktionen auf den Amoklauf in Graz waren tief bewegend. Drei Tage Staatstrauer wurden ausgerufen. In Graz formte sich ein Lichtermeer aus Kerzen, Hunderte versammelten sich in stillem Gedenken. Im Wiener Stephansdom fand ein Gedenkgottesdienst mit Vertreter*innen der Republik statt.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach von einem „Horror, der nicht in Worte zu fassen ist“. Auch Bundeskanzler Christian Stocker nannte den Tag „einen dunklen in der Geschichte des Landes“. Internationale Anteilnahme kam unter anderem vom britischen Königshaus: König Charles III. und Königin Camilla bekundeten tiefes Mitgefühl.
Waffenrecht im Fokus: Wie konnte das passieren?
Der Amoklauf von Graz hat eine intensive Debatte über das Waffenrecht in Österreich ausgelöst. Obwohl das Land als streng gilt, konnte die Tatwaffe legal erworben werden. Mit einem festen Wohnsitz und einem einwandfreien Führungszeugnis sind viele Hürden leicht zu überwinden – gerade für junge Erwachsene. Über 1,5 Millionen registrierte Waffen gibt es in Österreich – besonders viele in der Steiermark.
Nach dem Vorfall sprachen sich unter anderem die Grünen und die Kommunistische Partei (KPÖ) für eine Verschärfung des Waffenrechts aus. Die FPÖ hingegen lehnt Änderungen ab.
„Graz steht zusammen“: Solidarität über Parteigrenzen hinweg
In der Steiermark zeigen Gesellschaft und Politik geschlossenes Mitgefühl. Die Nordkurven-Fans von Sturm Graz befestigten ein Banner mit der Aufschrift „Graz steht zusammen“ an der Schulmauer. Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) und Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) betonten, dass in diesen Tagen Menschlichkeit wichtiger sei als parteipolitische Auseinandersetzungen.
Alle öffentlichen Veranstaltungen wurden abgesagt, Parteitage verschoben, an Rathäusern wehten schwarze Flaggen auf Halbmast. Eine landesweite Gedenkminute sorgte für kollektives Innehalten.
Trauer, offene Fragen und gesellschaftliche Verantwortung
Der Amoklauf in Graz hat eine tiefe Wunde hinterlassen – in Familien, in der Stadt und im ganzen Land. Während das Gedenken an die Opfer im Vordergrund steht, beginnen zugleich die gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen über Ursachen, Warnsignale und Konsequenzen. Vor allem aber bleibt die Frage: Wie konnte eine so junge Person so viel Leid verursachen – und was muss getan werden, um solches Leid künftig zu verhindern?
Möglichkeiten für Amokwarnungen finden Sie hier.
Weitere Informationen und Quellen finden Sie in der Tagesschau.